contested modernities. postcolonial architecture in southeast asia

Mit der Unabhängigkeit Mitte des 20. Jahrhunderts wandelte sich das Erscheinungsbild vieler Städte Südostasiens. Im Prozess der Nationenbildung wurde die Architektursprache der Internationalen Moderne zum Spiegel der Erwartungen an Fortschritt und Wohlstand und zum Zeichen postkolonialer Emanzipation. Mit dem Wissen um klimatische Anforderungen des Bauens in tropischen Regionen und kulturellen Spezifika entstanden lokale Modernen.

ausstellung, online-symposien und publikation

In Europa ist diese Architekturmoderne weitgehend unbekannt. In der Region selbst entwickelt sich in den letzten Jahren jedoch ein intensiver Diskurs. Dabei geht es einerseits um eine Revision der bislang stark westlich geprägten Vorstellung der Moderne. Konkret steht aber auch die Frage nach dem Erhalt dieser Bauten im Raum. Initiativen, Architekt:innen und Künstler:innen engagieren sich für die Neubewertung der baukulturellen Zeugnisse der für diese Länder so bedeutenden Epoche, die im Immobilienboom Asiens mehr und mehr verloren gehen. Nicht zuletzt geht es auch um eine zukunftsfähige (tropische) Moderne, die neue Ansätze für die Gestaltung von Stadt inspiriert.

Contested Modernities brachte den Diskurs um die südostasiatische Moderne mit einer Ausstellung im Haus der Statistik, Online-Symposien und einer Publikation nach Berlin, wo aktuell erstaunlich ähnliche Diskussionen geführt werden.

Das Projekt war Teil des langfristig angelegten Programms Encounters with Southeast Asian Modernism und fußte auf einem mehrjährigen Austausch zwischen dem Berliner Kurator:innenteam Sally Below, Moritz Henning und Eduard Kögel und Wissenschaftler:innen, Architekt:innen, Künstler:innen und Kurator:innen aus der Region. Gemeinsame Forschungen und Veranstaltungen im Rahmen des Bauhausjahres 2019 in Phnom Penh, Jakarta, Yangon und Singapur ermöglichten eine intensive Auseinandersetzung mit der postkolonialen Architektur in den jeweiligen Städten und bildeten den Ausgangspunkt für das Programm in Berlin.

Die Ausstellung präsentierte Beiträge aus Kambodscha, Indonesien, Myanmar, Singapur, Vietnam und Deutschland, die sich an den Schnittstellen architektonischer, künstlerischer und wissenschaftlicher Arbeit kritisch mit den Erzählungen der postkolonialen Architekturmoderne und dem Umgang mit ihrem baukulturellen Erbe auseinandersetzten.

In vier öffentlichen Online-Diskursprogrammen kamen Themenstellungen und Akteur:innen aus Südostasien mit Initiativen aus Berlin und internationalen Expert:innen aus Architektur, Kunst, Wissenschaft und Verwaltung zusammen, um Perspektiven und Handlungsansätze gemeinsam zu reflektieren.

Der Veranstaltungsort Haus der Statistik stand dabei sowohl modellhaft für einen neuen Umgang mit dem Gebäudebestand der Spätmoderne in Berlin als auch für die Frage, wie ein solidarisches Miteinander in der Stadt von Morgen möglich ist. An diesem Ort sollten im Dialog zwischen Berlin und Südostasien neue Erkenntnisse über Geschichte, Bedeutung und Zukunft der Modernen im Spannungsfeld von Globalisierung und lokalen Gegebenheiten entwickelt werden.

Im Rahmen von Contested Modernities erschien darüber hinaus eine Publikation zur südostasiatischen Moderne als Ausgabe von ARCH+, Deutschlands führender diskursiver Zeitschrift für Architektur und Urbanismus.

Contested Modernities war ein Initiativprojekt von Sally Below, Moritz Henning und Eduard Kögel, das sie gemeinsam mit Christan Hiller im Rahmen der Encounters with Southeast Asian Modernism kuratierten. Es wurde gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds Berlin und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Leistungen: Konzeption, Antragstellung, Planung und Umsetzung der Ausstellung und des Begleitprogramms, Kommunikation, Budgetführung, Dokumentation

Abbildungen: Moritz Henning, Michael Ryan