vorort
VorOrt ist nicht nur Name, sondern Programm.
Wer mit dem Regionalzug am Hauptbahnhof ankommt, muss sich entscheiden: zur Innenstadt oder zum Hochschul- und Bauhaus-Campus? Die beiden Stadträume sind durch große Bahnanlagen getrennt. Die Trennung ist nicht nur räumlich – der Großteil der Studierenden und Angestellten der Hochschule Anhalt lebt in Leipzig oder Berlin und pendelt. Auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bauhauses, des hier ansässigen Umweltbundesamtes, der städtischen Verwaltung und des Anhaltischen Theaters pendeln. Gleichzeitig hat Dessau die im Durchschnitt älteste Bevölkerung Deutschlands. Und die Stadt verliert junge Leute an Orte und Regionen, die wirtschaftlich besser aufgestellt sind oder „kreativer“ erscheinen.
Fast direkt auf dem Weg vom Bauhaus zum zukünftigen Bauhaus-Museum – oder umgekehrt –, steht das VorOrt-Haus. Das ehemalige Garnisonslazarett von 1870 mit seinem Garten ist eine kleine Oase zwischen Kaufland, Polizeidirektion, Umweltbundesamt und „Bratwurst-Tanke”. Studierende des Fachbereichs Kommunikationsdesign hatten das Haus, das nach einer Nutzung als Schule zwölf Jahre leer stand, 2012 zunächst als Experimentierraum wiederbelebt. Mit der Frage „Was würde euch hier halten?” wurden die leeren Räume erobert, temporär entstanden u.a. eine Bibliothek, ein Speiseraum mit Bar, ein Designshop, ein Nachbarschaftsgarten, ein Coworking-Space, und nicht zuletzt gründeten Absolventen aus der Region ein Designbüro, das sich inzwischen etabliert hat. Der Einzug von Leben in das VorOrt-Haus machte viele Bürgerinnen und Bürger aufmerksam, die Räume und den Garten mitnutzten. Ohne dass es so geplant war, funktioniert das generationenübergreifend.
2014 wurde der gemeinnützige VorOrt e.V. gegründet, mit ganz unterschiedlichen Mitgliedern: von der Studierenden über die Lehrerin und den Steuerberater bis zum Mitarbeiter des Anhaltischen Theaters. Die Vereinsgründung war eine Voraussetzung für das Aushandeln eines Erbbaupachtvertrags mit der Stadtverwaltung. Für die nächsten 50 Jahre hat der Verein das Haus nun in der Hand.
Initiativprojekt
Sally Below ist im Vorstand des VorOrt e.V. vor allem für strategische Fragen zuständig. Sie nutzt ihr bundesweites Netzwerk für die Vermittlung der Vereinsanliegen und stellt VorOrt in Vorträgen und Artikeln vor.